Deklarationen verstehen

 

Hundefutter für Besser-Esser

(Quelle: Akademie für Tierheilkunde Deutschland, Text: Sandra Bennewitz)


30 feuchte Alleinfutter für Hunde aus der Dose hatte die Stiftung Warentest für ihre Märzausgabe 2015 unter die Lupe genommen. Und Aufsehen erregt: Denn mit dem Prädikat „gut“ und „sehr gut“ schnitten Marken ab, die Hunde-Ernährungsberater ungern in den Näpfen ihrer Kundschaft sehen. Dafür fielen Feuchtfutter mit gutem Leumund als „mangelhaft“ durch. Was Sie über den Test und wirklich gutes Hundefutter wissen sollten, verrät Ihnen unsere Autorin Sandra Bennewitz.

Hundeernährungs-Spezialisten wissen: Auch die Fellnase ist, was sie isst. Besser-Esser wünschen wir uns und Hundefutter, das den Schlabber-Matz gesund und fit erhält. Sollte es am Ende doch so simpel sein, dass wir nur ins Supermarkt-Regal zu greifen brauchen, um unseren Hund optimal zu ernähren? Ist das Beste eben doch zum kleinsten Preis zu haben? Geht es nach der Stiftung Warentest, lautet die Antwort: Ja. Nachdenken scheint überflüssig.

Doch so einfach ist es nicht. Denn geprüft wurde anhand von Kriterien, die über die Qualität eines Produktes nur unzureichend Auskunft geben:

  • Preis,
  • Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Deklaration,
  • Schadstoffgehalt (Arsen, Blei, Kadmium, Quecksilber),
  • Fütterungsempfehlung,
  • Nährstoffversorgung.

Hundefutter aber ist mehr als die Summe aus Preis, Gesetz, Deklaration, Schadstoffgehalt, Menge und „Versorgung“. Deshalb darf das Mehr in einem aussagekräftigen Test nicht vernachlässigt werden. Doch genau das hat die Stiftung Warentest getan. Worauf es ihr bei ihrem Hundefutter-Test überhaupt nicht ankam war:

die Frische der verwendeten Rohstoffe,

die Qualität der verwendeten Rohstoffe,

die ausgewogene und artgerechte Zusammensetzung des Futters,

das Fehlen synthetischer Zusatzstoffe,

eine Nährstoffversorgung aus möglichst natürlichen Komponenten,

das Fehlen von Zucker und anderen maskierenden Stoffen.

Hundefutter ganzheitlich testen

Zugegeben, der Preis eines Hundefutters spielt für die meisten Hundehalter eine große Rolle beim Kauf. Auch die übrigen Prüfkriterien der Stiftung Warentest sind keineswegs irrelevant. Für sich allein genommen sagen sie jedoch rein gar nichts über die Qualität eines Feuchtfutters aus. Insbesondere, weil sie in keinster Weise die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse eines Hundes widerspiegeln. Denn auch wenn der Hund schon lange kein Wolf mehr ist, so ist sein Verdauungstrakt artentsprechend nahezu unverändert. Der Hund zählt wie sein Vorfahre zu den Carnivoren, genauer: den Omni-Carnivoren. Das bedeutet, dass sowohl Hunde als auch Wölfe neben Fleisch pflanzliche Kost zu sich nehmen und diese entsprechend auch (teilweise) verwerten können.

Nährstoffe vs. Ernährungsphysiologie

Sind „Nährstoffe“ alles, was ein Hund braucht, um gesund ernährt zu werden? Oberflächlich betrachtet liegt dieser Gedanke nahe, nicht zuletzt klingt das Wort „Nährstoffe“ gut. Gesund geht trotzdem anders. Wer das nicht glaubt, übertrage die Testparameter einfach mal auf die menschliche Ernährung und halte hier nach „Nährstoffversorgung“ Ausschau. Schnell wird klar:

Würden allein „Nährstoffe“ eine Rolle spielen, wären wir in der Lage, uns einzig durch den Konsum von

Tiefkühlkost und Junkfood sowie

synthetisch hergestellten Vitamin- und Mineralstoffpräparaten

gesund und ausgewogen zu ernähren. Sie zweifeln? Zu Recht! Und was in Sachen „Nährstoffe“ für Menschen gilt, gilt für Hunde gleichermaßen.

Hinzu kommt: Synthetisch hergestellte Vitamine bergen eine geringere Bioverfügbarkeit und besitzen eine völlig andere chemische Struktur als ihre natürlichen Vettern. Die für unseren Körper (und den Körper unseres Hundes) so wertvollen sogenannten sekundären Pflanzenstoffe fehlen ihnen völlig. Ihr Vorteil ist allein, dass sie sich einfacherer und schneller konsumieren lassen. Dennoch würde uns kein Arzt dazu raten. Uns würde vielmehr ans Herz gelegt: „Ernähren Sie sich mit frischen Zutaten, mit saisonalen Zutaten, und bringen Sie viel Abwechslung in ihre tägliche Mahlzeit.“ Nebst dem Hinweis, dass eine Überversorgung mit künstlich hergestellten Vitaminen für den Organismus schädlich sein kann.

Der Hund als Abfallverwerter: grundsätzlich unproblematisch


Die meisten der geprüften Feuchtfutter im Test enthalten das übliche K3-Material, also tierische Nebenprodukte der Kategorie 3, die in der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 geregelt sind. Dazu zählen neben ganz normalem Schlachtfleisch auch

Wild, das aus kommerziellen Gründen nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt ist,

„genussuntaugliche“ Teile von Tieren,

  • Geflügelköpfe,
  • Häute und Felle,
  • Hörner und Füße,
  • Hufe, Fuß- und Zehenknochen,
  • Schweinsborsten,
  • Federn, Wolle, Haare und Pelze,
  • Blut,

bei der Lebensmittel-Herstellung (für Menschen) übrig gebliebene tierische Nebenprodukte (z.B. Separatorenschlamm aus der Milchverarbeitung),

Fettgewebe,

Küchen- und Speiseabfälle.


Grundsätzlich ist es kein Verbrechen, neben „richtigem Fleisch“ solche Nebenprodukte in Hundefutter zu verarbeiten, zumal sämtliches Material nur von gesunden Tieren stammen darf. Und schließlich würde in der Natur kein Hund oder Wolf einen Kadaver verschmähen, nur weil noch Fell daran ist. Beutetiere und Aas würden komplett aufgefressen. Menschen, die ihre Hunde barfen, wissen wie wichtig die Fütterung von Innereien, Blut und Fell ist.

Problematisch ist nicht die Verwendung von K3-Material als solches. Viele Feuchtfutter beinhalten jedoch große Mengen davon, weitaus größere als ein Beutetier im Verhältnis aufweisen würde. Kein Kadaver besteht beispielsweise zu 40, 60 oder 80 Prozent aus Lunge oder irgendwelchem Bindegewebe. Nehmen Hunde aber Futter zu sich, dessen vermeintlicher Fleischanteil zum weit überwiegenden Teil aus bindegewebigen Schlachtabfällen besteht, wirkt sich das häufig auf den Verdauungstrakt der Hunde aus. Mitunter leiden sie dann unter stinkenden Flatulenzen und breiigem Kotabsatz – sie pupsen also übel und haben oft latenten Durchfall.

Gutes Hundefutter dank erfüllter Deklarationspflicht?

Hundefutter-Dosen hüllen sich in die hübschesten Etiketten. Was in einem Futter drin ist, steht dennoch selten außen drauf. Die gesetzlichen Deklarationsvorschriften erlauben den Herstellern, so einiges zu verschweigen – ganz legal. Und das gilt nicht nur für tierische Bestandteile, wie das im Test gefundene Schweinefleisch, sondern z.B. auch für Konservierungsstoffe. Kauft ein Hersteller Rohstoffe ein, die bereits konserviert wurden, darf er auf seine Verpackung trotzdem schreiben „ohne Zusatz von Konservierungsstoffen“. Klar: Er selber hat ja auch keine zugesetzt. Ein Schelm, wer hier an Verbrauchertäuschung denkt. Obwohl im Test vier Feuchtfutter die enthaltenen Teile vom Schwein nicht deklarieren, schneiden diese Produkte mit „sehr gut“ ab.

Schadstoffe: Schadet nur, was wirklich Gift ist?

Schadstoffe wie Quecksilber, Arsen, Blei und Kadmium wurden im Test zwar berücksichtigt. Die Hundegesundheit und das hundliche Wohlbefinden können aber auch andere Stoffe beeinträchtigen, Konservierungsstoffe etwa, Bindemittel, Farbstoffe, Geschmacksverstärker oderGeschmacksmaskierer. Solche Schadstoffe fand die Stiftung Warentest völlig uninteressant.

Alleinfuttermittel verantwortlich für Mangelernährung – was ist dran?

Bei einigen Hundefuttern im Test bemängelte die Stiftung Warentest, dass sie zu wenig Vitamin B1, Kupfer und Phosphor enthalten würden. Dabei nannten sich sämtliche Futter „Alleinfuttermittel“. Solche müssen nach geltendem Gesetz ein Tier ausreichend mit allen Nährstoffen versorgen, sodass es nicht erforderlich ist, das Futter zu ergänzen. Bedeutet „zu wenig“ Vitamin B1, Kupfer oder Phosphor tatsächlich, dass bei der Fütterung der entsprechenden Marken Mangelerscheinungen beim Hund vorprogrammiert sind?


Vitamin B1

Vitamin B1, auch als Thiamin bekannt, kommt in vielen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor. Verfügt ein Hund über eine gesunde Darmflora,kann er Vitamin B1 selbst herstellen (Eigensynthese). Deshalb müssen einem gesunden Hund über die Nahrung pro Tag lediglich 0,02 mg Thiamin pro Kilo Körpergewicht zugeführt werden. Der Rest wird im Verdauungstrakt des Hundes synthetisiert. Mangelerscheinungen sind daher kaum zu erwarten.

Der individuelle Bedarf eines Hundes an Thiamin hängt vom Alter sowie vom physiologischen Status, dem Stoffwechsel und der Zusammensetzung des Futters ab. Da Thiamin beim Abbau von Kohlenhydraten beteiligt ist, steigt der Bedarf, wenn im Futter viele Kohlenhydrate enthalten sind (Schrader und Prickett, 1938; Arnold 1939). Alleinfutter, das kein Getreide enthält, muss daher sehr viel weniger Thiamin enthalten als ein Futter mit ggf. hohem Getreideanteil.

Zu einem Thiaminmangel kann es kommen, wenn der Hund zu viele Thiaminasen aufnimmt. Das sind Enzyme, die B-Vitamine zerstören. Sie können beispielsweise von Pansenmikroben gebildet werden, wenn eine Kuh viel Stärke, gleichzeitig aber wenig Rohfaser im Futter hatte. Thiaminasen sind auch in manchen Fischen enthalten oder können ins Hundefutter kommen, wenn es mit Bakterien oder Pilzen verunreinigt ist. Durch die Aufnahme vonThiaminasen kommt es häufiger zu einem Thiaminmangel bei Hunden.


Kupfer

Der Bedarf des Hundes an Kupfer beträgt pro Tag 0,1 – 0,2 mg pro Kilo Körpergewicht. Mit einer normalen Ernährung wird dieser Bedarf völlig gedeckt. Ein Mangel stellt sich ein, wenn der Hund fälschlicherweise ausschließlich mit Fleisch gefüttert wird. Oder wenn ein Überschuss an Zink, Calcium und Phosphor gegeben ist. Ein Mangel an Kupfer äußert sich unter anderem durch Veränderungen der Haut und der Haare. Ein Mangel kann aber auch ähnlich wie ein Eisenmangel zu Anämien führen. Weiterhin kann der Elastin- und Kollagenstoffwechsel gestört werden. In schlimmen Fällen zeigt sich das in Form von X- oder O-Beinen oder durchtrittigen Pfoten. Kupfermangel bedingt durch eine geringe Menge Kupfer im Fertigfutter ist bisher kaum bekannt.

Eine Überversorgung mit Kupfer wirkt sich negativ auf die Leber des Hundes aus. Das Spurenelement wird in diesem Organ gespeichert.


Phosphor

Phosphor ist eng mit Kalzium verbunden. Für den Hund ist es immens wichtig, dass im Futter das richtige Kalzium/Phosphor Verhältnis herrscht. Das ideale Verhältnis von Kalzium zu Phosphor liegt beim Hund zwischen 1:1 und 2:1. 2006 wurden diesbezüglich von der NRC (National Research Council) andere Ergebnisse veröffentlicht. Sie besagen, dass das Calcium/Phosphor Verhältnis gar nicht so wichtig ist wie bislang angenommen. Wichtig ist, dass der Hund seinem Bedarf entsprechend genügend Kalzium über die Nahrung erhält. Ein erwachsener Hund benötigt pro Tag 50-90 mg Kalzium pro Kilo Körpergewicht.

Der Organismus eines gesunden Hundes ist in der Lage, ungünstige Phosphorwerte durch verminderte Ausscheidung über die Niere und erhöhte Aufnahme auf einem Mindestwert zu halten. Da Phosphor aber in vielen Nahrungsmitteln im Überschuss vorhanden ist, sind Mangelerscheinungen durch Phosphormangel sehr selten.


Getreide im Hundefutter

Die Stiftung Warentest schreibt in ihrem Test: „Der Hund ist kein Wolf (…) er kann Stärke besser verdauen als sein Urahn – Getreide ist für ihn kein Problem.“

Der genetische Unterschied zwischen unseren Haushunden und seinem Vorfahren Grauwolf beträgt marginale 2 Prozent. Nicht nur die Gebiss-Struktur des Hundes deutet darauf hin, dass er kein Pflanzenfresser ist. Sein gesamter Verdauungstrakt inklusive seiner Verdauungsenzyme ist nicht darauf ausgerichtet, große Mengen an Getreide bzw. Stärke zu verdauen. Daran hat auch die Entwicklung zum Haushund nichts geändert. Zwar kann der Hund im Gegensatz zum Wolf durchaus größere Mengen Getreide verdauen. Aber Getreide und Stärke kann auch zu Problemen führen. Stärke wird für den Hund nur durch Erhitzen verdaulich. Wird Stärke unzureichend erhitzt, wird sie im Dickdarm fermentiert und verursacht einen säuerlichen Durchfall. Das sind aber nicht die einzigen Probleme, die eine übermäßige Fütterung mit Getreide und Stärke verursachen kann. Da es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, werden wir das Thema in einem anderen Beitrag detailierter beleuchten.

Hundefutter im Test der Stiftung Warentest: Fazit

Die 30 Alleinfutter aus der Dose wurden nur unzureichend unter die Lupe genommen. Wichtige Testkriterien blieben unberücksichtigt, mit der Folge, dass ernährungsphysiologisch wenig empfehlenswerte Futter vorderste Plätze belegen konnten und hochwertige Feuchtfutter zu Unrecht schlecht abschnitten.


Tipps

1. Die Sieger im Test wurden nicht auf enthaltene Zusatzstoffe, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker etc. getestet. Außerdem haben die Hersteller die verwendeten Rohstoffe nicht vollumfänglich deklariert. Der ernährungsphysiologische Wert der verwendeten Rohstoffe bleibt im Dunkeln. Deshalb erscheinen diese Hundefutter als wenig empfehlenswert.


2. Bedenken Sie, dass eine vegetarische Hundeernährung die Ernährungs-Bedürfnisse des Hundes verfehlt. Vegetarische Alleinfutter sollten deshalb grundsätzlich gemieden werden.